„Seine Theaterstücke sind Satiren; seine Domäne ist die Menschlichkeit...“

Edward J. Czerwinski

Stanislav Stratiev schrieb erfolgreich Prosa und äußerst populäre Filmdrehbücher. Aber sein größter Erfolg – im Theater – kam beinahe unfreiwillig. Er wurde praktisch dazu genötigt sein erstes Stück zu verfassen. In den frühen 1970ern veranlasste ihn sein Freund, der Regisseur und Schauspieler des Satirischen Theaters in Sofia, Neycho Popov Das römische Bad zu schreiben.

Zu dieser Zeit hatte der junge Stratiev bereits satirische Feuilletons, lustige Szenen und Sketches sowie zwei Bücher mit Kurzgeschichten publiziert. Er arbeitete als Journalist, eine Berufsbezeichnung, auf die er noch Jahre später größten Wert legte. Jahre später erinnerte sich Stratiev:

„Ich arbeitete für die satirische Wochenzeitung Sturshel, mietete eine Wohnung in Sofia, und schrieb an einem Film-Script in einem Bungalow in der Tihiya Kut Region des Vitosha Gebirges. Zwei Monate zuvor hatte ich leichtsinnig dem Drängen meines Freundes Neycho Popov nachgegeben und ihm versprochen, ich würde ein Stück schreiben, damit er es auf die Bühne bringt... Freilich hatte ich bis dahin noch keinen Buchstaben des Theaterstücks zu Papier gebracht. Ich dachte auch nicht ernsthaft über ein Stück nach, ich schrieb ja an einem Drehbuch. Aber Neycho Popov rief immer wieder an um nachzufragen, wie weit die Arbeit gediehen sei. „Alles bestens“, war meine Antwort, bei der ich mich ziemlich unbehaglich fühlte. Wie sollte ich ihm auch erklären, dass ich nicht im Entferntesten daran dachte ein Theaterstück zu schreiben.

Natürlich, als er zum zehnten Mal „Alles bestens“ gehört hatte, wurde er misstrauisch und kam, um mich persönlich in Tihiya Kut aufzusuchen.

Jedes Mal aber, wenn ich das Motorengeräusch eines Autos hörte und Neychos Renault von weitem erblickte, verschwand ich aus dem Bungalow und versteckte mich im Wald. Neycho hing vor dem Haus herum, trank Kaffee, wartete und klopfte immer wieder an die Tür. Inzwischen lag ich im Wald und beobachtete ihn. Dabei fragte ich mich, wann er denn endlich aufgeben und nach Sofia zurückkehren würde...“

Wegen seines schlechten Gewissens bemühte sich Stratiev nun doch um den Beginn des Stückes. „Ich entschloss mich ein paar Seiten zu schreiben und mich dann in die üblichen Ausreden zu flüchten – Schreibblockade, ermüdete Fantasie, künstlerische Krise und so weiter und so fort, all der bekannte Kram. Aber, wie es in solchen Fällen eben passiert, setzte ich mich hin und schrieb – und wartete auf die Schreibblockade und wartete und wartete – doch sie kam einfach nicht! Wenn man sich etwas zu sehr wünscht, kommt es nicht. Während ich also auf meine Blockade, auf die künstlerische Krisis, das Austrocknen meiner Vorstellungskraft und auf das Erschöpfen meiner Kreativität wartete, häuften sich mehr und mehr Seiten an. Und bevor ich auch nur über weitere Entschuldigungen, wie ein Entkommen aus dieser unmöglichen Situation möglich sei, nachdenken konnte, war das Stück vollendet. Ich hatte es geschrieben!“

Das römische Bad wurde mehr als zehn Jahre lang allein im Satirischen Theater in Sofia aufgeführt und von über 300 000 Besuchern gesehen. Es gilt als eines der lustigsten Stücke Stratievs und brachte ihm die Zuneigung des Publikums. Stratievs Anerkennung bei den Kritikern kam aber mit seinem zweiten Stück, Sakko aus Velour, das ihm auch zu internationalem Ruhm verhalf. Andere Stücke folgten: Der Bus, Der Perfektionist, Mammut und viele mehr. Auf der anderen Seite wurde 1993 von BBC World Service Radio in Szene gesetzt und ausgestrahlt. Stratievs Theaterstücke wurden schließlich weltweit aufgeführt.